Uhrenausstellung „Zeitmesser gestern und heute"
8. März bis zum 22. April 1965
Die Stadt Ahlen in Verbindung mit dem „studio 18" erlaubt sich, Sie am Montag, den 8. März, 16 Uhr zur Eröffnung der Ausstellung "Zeitmesser gestern und heute" im "studio 18", Hellstr./Ecke Kühl freundlichst einzuladen
Brieftext des Stadtdirektors Johannes Baldauf an die Leihgeber:
An das Landesgewerbeamt Baden-Württemberg -LGA- Sammlungen
z.H. Frau Dr. Kopell Stuttgart, Kanzleistr. 19 vom 11. Febr.1965
Sehr geehrte Frau Dr. Koppel!
Wie Ihnen Herr Fischer bereits am 26. Jan.1965 mitteilte,
beabsichtigt die Stadt Ahlen unter der Schirmherrschaft des Herrn
Bürgermeisters in Verbindung mit dem Studio 18 eine Uhrenausstellung
durchzuführen.
Wir würden es sehr begrüßen, wenn Sie durch Leihgaben des
Landesgewerbemuseum Stuttgart diese Ausstellung bereichern würden.
Die ausgestellten Uhren werden in geschlossenen Glasvitrinen gezeigt.
Anfallende Unkosten, die Sie bitte vorher mitteilen wollen, werden vom
Studio 18 beglichen.
Die Sicherheit für die ausgestellten Gegenstände übernimmt die Sparkasse
Ahlen.
Die Aussstellung findet vom 4. März bis zum 22. April 1965 statt.
Die weitere Korrespondenz erbitten wir über den Leiter des Studios,
Herrn Fischer, Ahlen, Hellstr. 18.
Wir dürfen der Hoffnung Ausdruck geben, einige Ihrer interessantesten
Uhren hier in Ahlen zeigen zu können
Leihgeber:
Georg Abeler, Wuppertal
Bulova, Frankfurt
Engelkemper, Münster
Greiner Elektronic, Pforzheim
Gustav Lübke Museum, Hamm
Heimathaus Ahlen
Dr. Karl Hinterleitner, Essen
Gebr. Junghans, Schramberg
Internationale Watch Co., Schaffhausen
Kienzle, Schwenningen
Lacher u.Co., Pforzheim
Landesgewerbeamt Baden Württemberg
Landessternwarte Heidelberg
Friedrich Mauthe, Schwenningen
Patek Philippe, Genf
Piaget, Offenbach
Roamer, Hannover
Rolex, Köln
Dir. Dipl. Ing. Schnapauff, Gelsenkirchen
Rudolf Wehner, Pfozheim
Hermann Lütke, Ennigerloh
Wilhelm Tombrock, Ahlen
Schaedel, Ahlen
Moreschi, Ahlen
Vogel, Ahlen
Anders, Ahlen
Hoeveler-Vennemann, Ahlen
W. Focke, Beckum
Werner Fischer (links) mit einer Totenkopfuhr in der Hand, während Georg Abeler, Wuppertal, die Dreiecksuhr eines Logenbruders vorweist. | Innenansicht des "studio 18" mit von der Decke herabhängenden Glasvitrinen. |
Der Kameramann der Deutschen Tagesschau filmt eine bemerkenswerte Uhr aus dem historischen Uhrenmuseum Wuppertal. |
Präsentation von Sonnenuhren |
Türmchenuhr, 17. Jh. | Uhrenständer, "Porte Montre" zum Ablegen der Sackuhr | Renaissance-Uhr |
Schwingpendeluhr | Uhr für den Türkischen Markt | Astrolabium |
Die Ahlener Volkszeitung berichtet am 9. März 1965:
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Um die Uhr-Formen hat man ein ganzes Rankenwerk von Ideen gewoben: Da
gibt es Uhren in der Form der Fische und der Schildkröten, es gibt eine
griechische Harfe als Uhr und eine solche als aufklappbares Gebetbuch.
Sogar in eine Schnupftabakdose arbeitete man um 1750 einen Chronometer
ein, oder man schuf Figurenuhren wie den schneidigen Husaren aus dem 18.
Jahrhundert. Da ist die berühmte „Zwiebel"-Uhr aus Paris und die in
Schildpatt gefügte, kostbare Spindeluhr, ferner die goldene Zylinderuhr,
die aus alten Salonromanen bekannte Repetieruhr, aber auch die große,
dekorative Vasenuhr aus Ludwigs XVI. Zeit oder die Türmchenuhr aus der
Renaissance, Stück für Stück originell, wertvoll und kulturhistorisch
von deutlicher Aussage.
Vor allem aber sucht man „Das unsterbliche Herz", die Uhr, die man nach
Peter Henlein das „Nürnberger Ei" genannt und in dem großen Ufa-Film
verewigt hatte. Auch ein solches Exemplar enthält mit vergoldetem
Zifferblatt und schönen Gravuren diese Ausstellung im studio 18.
Die Kruzifix-Uhr hat in ihrem Sockel das Uhrwerk. Zum Stundenschlag
bewegt sich der Totenkopf am Fuß des Kreuzes mahnend ins Gewissen
hinein. Staunenswert „modern" mutet die Tischuhr aus dem Jahre - man
denke! - 1663 an: Sie hat schon Zeiger für Minuten, Datum, Tag- und
Nachtgleiche, Sonnenauf- und -Untergang, Mondphasen und auch schon eine
Weckervorrichtung!
In Gold ruht Urania, die Muse der Astronomie, auf einem Uhrengehäuse des
Jahres 1620. Man bewundert die Kopie einer Sonnenuhr um 400 v. Chr.,
einen Elfenbeinspazierstock mit eingebauter Uhr von 1850, und man
erkennt- verträumte Liebhabereien einer versunkenen Zeit in der wie ein
Körbchen zierlich gefügten Blumenuhr, in der Anhängeruhr mit der Form
einlas goldenen Maikäfers, der diamantbesetzte Flügel hat.
Viele Jahrhunderte älter sind die chinesische Sonnenuhr mit dem
Elfenbeinsockel, die Kopie der ägyptischen Nachtuhr um 600 v. Chr.,
und man behält noch, wenn man zur neuzeitlichen „Normaluhr" auf den abendlich-belebten Straßen von heute schaut, den silberhellen Klang der
alten Uhrenglöckchen im Ohr, das emsige Tick und Tack aus Jahrhunderten.
Vorm geistigen Auge ziehen mit der Uhr in der Hand die Generationen
vorüber, und sie alle, alle haben nach der "Zeit" gefragt, an ihren
Geheimnissen (Die des Zeiten- und Weltenschöpfer Geheimnisse sind)
herumgerätselt, über sie durften, weil der Schöpfer es ihrem
Menschengeist vergönnte, doch immer wieder ein Stück weiter gelangen auf
dem Weg der Zeitmessung bis hin zur Atomuhr, die man in England
erarbeitet und mit welcher man „garantieren" will, daß sie eines Tages
„nur höchstens um eine Sekunde nachgeht".
G. D.
Im „studio 18" herzlich begrüßt Prominenter Besuch im „studio 18". Johanna Matz und das Ensemble der Komödie Basel, das in Ahlen mit A.Tschechows „Möwe" im Stadttheater gastierte, schauten sich die Uhrenausstellung an der Hellstraße an. Sie wurden hier offiziell von dem stellv. Bürgermeister Faust und dem Vorsitzenden der Ahlener Kulturgesellschaft, Dr. Schoppmeyer, begrüßt, bevor Meister Fischer durch die Ausstellung von Uhren aus vielen Jahrhunderten führte. Für die Österreicherin Johanna Matz gab es dabei die Bekanntschaft zweier „Wiener Zappler" aus dem Jahre 1800. In seinem Begrüßungswort war der stellv. Bürgermeister der Hoffnung, dass die auswärtigen Bühnenkünstler ihr nächstes Ahlener Gastspiel in der geplanten Mehrzweckhalle geben können. Auszug aus der Westfälischen Rundschau
von Mittwoch, 2. April 1965.
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„studio" für intime Kunst der Muße
VHS-Arbeitsgemeinschaft erprobte erfolgreich idealen Raum
Ahlen. N
un hat sich der intime stimmungsvolle Raum des „studio 18" in einem Maße, wie wir es selber bei allem Zutrauen nicht erwartet hatten, für kulturelle Abendveranstaltungen im kleinen, gleichgestimmten Kreise vorzüglich bewährt: Die Arbeitsgemeinschaft „Presse" der Ahlener Volkshochschule war dort, wo Goldschmiedemeister Werner Fischer als liebenswürdiger Hausherr durch Anordnung von geschmackvollen Sitzgelegenheiten ein Forum geschaffen hatte, bei der hochinteressanten Uhrenausstellung zu Gast.Einleitenden Gedanken des Leiters der Arbeitsgemeinschaft „Glocke"-Redakteurs Gerd Dietz, über die jahrtausendealte Sehnsucht der Menschen „Herr der Zeit" durch Geräte zu ihrer exakten Messung zu werden, folgte die Vorführung eines musikunterlegten, künstlerisch hochwertigen Farbfilms zum gleichen Thema.
Werner Fischer ließ es sich dann angelegen sein, aufs genaueste zu deuten und zu zeigen, was alles, von der Sonnenuhr bis zur flachsten Automatik der Welt mit Rotor in einem goldenen 20-Dollar-Stück in dieser außergewöhnlichen Zeitmesser-Sammlung zu sehen ist.
Man entdeckt auch beim wiederholten Besuch stets noch Neues: So die Fotozelle als Kraftwerk, das elektrischen Strom erzeugt, oder die Vorgängerin der Blindenuhr, Ahlener Familienleihgaben mit Uhrwerken aus Holz, die Uhr mit einer von einer Feder nachgeschobenen Kerze im Inneren, mit Wecker und sogar einem Behältnis, das Wasser für zwei Tassen Morgenkaffee wärmte. Es gibt die Japan-Uhr, die halbe Stunden mißt, Höchstleistungen englischer Uhrmacherkunst, die Uhr im silbernen Fernglas, die „trägste Uhr der Welt" mit dem Immerwährenden Kalender - aber auch den König in der Astronomischen Schweizer Uhr, der beim Stundenschlag hochmütig die Zunge herausstreckt.
Man darf gewiß sein: Auch Kammermusik klingt gut in diesem „studio 18", hier kann man Bilder hängen, und hier läßt sich Dichtung lesen. Hierhin, so sagte man es an diesem Abend, kann man auswärtige Gäste auch tagsüber nun führen: Das „studio", aus merkantilen Motiven keinesfalls erklärbar, hat uns gefehlt.
Auswertung:
Gesamtbesucherzahl der Ausstellung: rund 5.000 Personen
Keine namentliche Eintragungen bei Schulklassen.
Ins Gästebuch trugen sich namentlich mehr als 1.200 Personen ein.
Die Tagesschau des Deutschen Fernsehens brachte in den
Spätnachrichten am Dienstag, dem 16. März eine gut 3 Minuten dauernde
Sendung über die Exponate der Ausstellung.
Der Rundfunk berichtete innerhalb seines Regionalprogramms in der
Sendung „Zwischen Rhein und Weser" in einer Aufzeichnung am 8. März
1965. Überörtliche und die örtliche Presse berichteten vor, während und
nach der Ausstellung